Vieles ist im Fluss, und manche Umbrüche sind nicht einfach. Was waren 2023 Ihre Schwerpunkte und auf welche Erfolge sind Sie besonders stolz?

2023 wollten wir unsere Werte, Ziele und Portfolios konsolidieren. Wir wollen konsequent verantwortlich investieren und ein lückenlos darüber berichten. Dabei haben wir große Fortschritte gemacht, vor allem bei der Konsolidierung der Daten, dem Aufbau übersichtlicher Dashboards und der Analyse der Zusammenhänge zwischen unseren Zielen und der Fondsperformance. Unsere Fonds sollen bei Performance und Nachhaltigkeit führend sein. Das ist keine leichte Aufgabe, aber eine wichtige, damit unsere Kunden nach ihren Werten und Zielen investieren und sich für das „Gute“ einsetzen können. Ich glaube, dass uns das nach diesem Jahr der Konsolidierung jetzt noch besser gelingt.


Was wir mittlerweile leisten, zeigen die PRI-Evaluierung unseres Unternehmens, der Einstufung vieler Anthos-Fonds gemäß Artikel 8 oder 9 EU-Offenlegungsverordnung (SFDR),6 die im Benchmarkvergleich unterdurchschnittlichen CO2-Emissionen unserer handelbaren Portfolios sowie unsere eigenen Analysen der ESG-Integration und des Impact-Potenzials unserer Investmentstrategien.


Nichts davon wäre ohne die Entschlossenheit und Begeisterung des gesamten Anthos-Teams möglich gewesen. Das zeigt meiner Ansicht nach deutlich, wie wichtig uns verantwortliches Investieren ist.

Jelena Stamenkova van Rumpt

Head of Responsible Investment

„Unsere Fonds sollen bei Performance und Nachhaltigkeit führend sein. Das ist keine leichte Aufgabe, aber eine wichtige, damit unsere Kunden nach ihren Werten und Zielen investieren und sich für das „Gute“ einsetzen können.“

Nennen Sie uns einige Herausforderungen des Jahres 2023.

Für Nachhaltigkeitsfonds und allgemein für verantwortliches Investieren war das Marktumfeld 2023 nicht einfach. Aktien legten zwar kräftig zu, doch nach unseren Analysen gab es weniger Fonds mit überdurchschnittlichen Erträgen und einem guten Nachhaltigkeitsprofil als in den Jahren zuvor. Es kamen allerdings einige Fonds an den Markt, die auf konkrete Themen wie die Finanzierung der Energiewende spezialisiert sind.


Bei unseren Dachfondsportfolios müssen wir unsere nicht finanziellen Ziele mit der Treuhandpflicht in Einklang bringen, angemessene risikoadjustierte Finanzerträge zu erzielen. Als Dachfondsinvestoren sind wir auf das Angebot am Markt angewiesen. Wir wollen aber Einfluss auf dieses Angebot nehmen, indem wir neue, vielversprechende Fonds unterstützen, zuweilen auch als Ankerinvestor.

Mit unseren Analyseinstrumenten für das Impact- Potenzial unserer Portfolios haben wir die aktuellen Herausforderungen erkannt. Insgesamt ist die Gewichtung von Nachhaltigkeits- und Impact-Fonds in den letzten drei Jahren recht konstant geblieben. 2020 hatten wir uns zum Ziel gesetzt, bis 2025 25% des gesamten verwalteten Vermögens in Nachhaltigkeitsoder Impact-Fonds zu investieren. Wir fragten uns, ob das angesichts des Mangels an geeigneten Fonds noch realistisch ist. Dabei haben wir dank innovativer Beurteilungsverfahren wie des Impact Management Project (IMP)7 viel über die Nachhaltigkeitseigenschaften unserer Portfolios gelernt. Jetzt können wir unser Verständnis noch vertiefen, auch wegen neuer Regulierungen, Branchenstandards, Daten und IT-Lösungen.

Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Anthos ist zwar in vielerlei Hinsicht ein Start-up, aber wir haben die Geduld und Hartnäckigkeit eines 100 Jahre alten Unternehmens. Diese Kombination hilft uns, unsere Portfolios Schritt für Schritt so umzubauen, dass sie den von unseren Kunden gewünschten Impact haben. Davon sind wir überzeugt.

Nachhaltigkeitsthemen und vor allem die vielen Definitionen und Regulierungen können viele überfordern. Was sagen Sie unseren Kunden dazu?

Gerade erst habe ich ein Buch von Thích Nhât Hąnh über die Kunst der Kommunikation gelesen.8 Eindruck haben auf mich vor allem die Thesen zur angemessenen Sprache und die Kriterien für gute Kommunikation gemacht. Die Prinzipien sind einfach: Man muss die Wahrheit sagen, konsequent sein, darf nicht übertreiben und muss auf aggressive Rhetorik verzichten. Die Kunst ist aber ihre Umsetzung. Sprache und Botschaft müssen verständlich sein – denn sonst versteht einen nur die eigene Bubble. Unseren Kunden – und allen anderen, die die vielen Abkürzungen, Vorschriften und Richtlinien verwirrend finden –, möchte ich darum sagen, dass Sie nicht allein sind. Und dass Sie die Richtung vorgeben. Die unzähligen Vorschriften dienen nur dazu, Ihnen bessere Informationen und eine transparentere Nachhaltigkeitsberichterstattung zu liefern. Verlieren Sie also nicht das Interesse und fordern Sie uns immer wieder dazu auf, Ihnen alles verständlich zu erklären.


Bei der Lektüre dieses Berichts sehen Sie hoffentlich, wie wichtig es uns ist, komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen und nach diesen Grundsätzen zu kommunizieren.

Was sind Ihre wichtigsten Hoffnungen für 2024/2025 und welche Entwicklungen bei Anthos freuen Sie besonders?

Besonders spannend finde ich die neuen Daten- und IT-Tools. Mit ihnen können wir nicht nur die Fonds in unseren Portfolios, sondern auch ihre Einzelpositionen analysieren. So können wir über ESG-Integration und Strategieanalysen hinaus noch mehr über unsere Portfolios erfahren.


Außerdem achten wir noch stärker darauf, dass in unserer gesamten Wertschöpfungskette die Menschenrechte geachtet werden. Mit unseren Kunden führen wir interessante Gespräche über neue Nachhaltigkeitsfonds und unsere Strategie für verantwortliche Anlagen in den Jahren 2025 bis 2030.


Noch ein Wort zur Regulierung: Ich hoffe, dass die neuen Fondsnamensrichtlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA)9 und die Weiterentwicklung der Gesetzgebung unseren Kunden mehr Klarheit bringen. Vielleicht müssen wir uns dann nicht mehr so viel mit Gesetzesauslegung befassen und können uns noch mehr auf die Stärken unserer Portfolios konzentrieren.


Alles in allem war 2023 aus meiner Sicht ein Jahr der Konsolidierung, aber auch des Fortschritts. Ich bin davon überzeugt, dass wir gestärkt daraus hervorgegangen sind.


Mit besten Grüßen

Jelena Stamenkova van Rumpt

6Die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) verlangt von Marktteilnehmern, dass sie die Berücksichtigung von ESG-Faktoren bei ihren Anlageentscheidungen offenlegen, um die Transparenz zu verbessern und Greenwashing zu verhin-dern. Artikel 6 formuliert Anforderungen an Finanzprodukte, die mit ihrem ESG-Profil werben. Artikel 8 bezieht sich auf Finanzprodukte mit Nachhaltigkeitszielen, Artikel 9 auf Produkte, die eine konkrete nachhaltige Anlagestrategie verfolgen. Weitere Informationen finden Sie in den Dokumenten zur EU-Offenlegungsverordnung auf unserer Website.

7Das Impact Management Project (IMP) stellt einen einheitlichen Analyserahmen für Bewertung, Messung und Steuerung des Impacts von Anlageportfolios zur Verfügung. Wir haben Teile davon an unsere Ziele angepasst (vgl. Was Wir Als Unternehmenleisten).

8Thich Nhat Hanh: Achtsam sprechen, achtsam zuhören: Die Kunst der bewussten Kommunikation, Droemer Knaur.

9Die Europäische Wertpapieraufsicht (ESMA) trägt als unabhängige Regulierungs- und Aufsichtsbehörde der EU zur Stabilität der EU-Finanzmärkte bei, indem sie den Anlegerschutz fördert und die Märkte reguliert. Die überarbeiteten ESMA-Richtlinien zu Fondsnamen sehen ausdrücklich vor, dass alle ESG- und nachhaltigkeitsbezogenen Namensbestandteile durch konkrete Nachhaltigkeitsmerkmale oder -ziele in den Anlagerichtlinien belegt werden müssen. Ausführli-che Informationen finden Sie im „Public Statement Update on the guidelines on funds’ names using ESG or sustainability-related terms“ auf der ESMA-Webseite ESMA EU.

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